Robert Moser Wolfgang Richter
Im Dialog
Malerei Objekte Architektur
17. – 26. Sept. 2021
Häuser und Kugeln 1992 – 2021
Die Hipphalle bietet sich als Schau-platz an, die Häuser und Kugeln zum ersten Mal als zusammenhängendes Ensemble vorzustellen. Ursprünglich Teil der 1832 gegründeten Theresienthaler Kammgarnspinnerei, ist sie mit den Steinsäulen der neugotischen Gewölbe und mit den rohen Ziegelwänden ein stimmungsvolles Zeugnis der industriellen Baukultur.
Entstanden sind diese 44 Objekte im Lauf der Jahre als Begleitung zu Installationen und (Landart-) projekten. Das Thema bietet mir immer wieder Gelegenheit, neues Terrain zu erforschen. In der Hipphalle bilden die Arbeiten eine Topografie, bei der Korrespondenzen, Analogien und metaphorische Bezüge erfahrbar werden.
Seit 1999 (erstes Landart Projekt im Schlosspark von Hellbrunn) begleiten mich „Haus“ und „Kugel“ als Thema. Sie sind einander nahe wie Ying und Yang, Prinzipien, die sich ergänzen.
Prozesse von Wandel und Vergehen wurden im Bezugsfeld von Natur und Kunst zum Ausgangspunkt für die künstlerische Gestaltung. Dazu habe ich elementare Formen gewählt. Kreis, Viereck und Spirale sowie Kugel, Würfel und Haus. Sie tauchen als archetypische Symbole schon früh in der Kunst auf.
Von Anfang an habe ich mit „armen“ Materialien gearbeitet: Hölzer und Pflanzen in verschiedenen Zuständen, Gestein, Sand, Muscheln, Karton, Bücher, Hefte, aber auch Styropor, PU Schaum und Plastik.
„Haus“ in unterschiedlichen Materialien und Proportionen hat für mich einen verweisenden Charakter. Ich knüpfe an grundlegenden Befindlichkeiten an: Das Haus als Zeichen für Geborgenheit, Schutz, Sesshaftigkeit, Ortsbezogenheit wird zum Symbol für existenzielle menschliche Sehnsüchte. Es kann mütterliche Hülle repräsentieren, Behältnis sein oder zum Schrein werden, aber auch den Charakter des Sarges annehmen. „Haus“ verweist auch auf ein Festgelegt-Sein, ein Stück Unfreiheit. Sind nicht Nomaden freier als Sesshafte? So wird das Haus in seiner Material-, Proportions- und Formenvielfalt zur Metapher für unterschiedliche Identitätszustände.
Die Kugel finde ich reizvoll, weil sie für mich eine formale Herausforderung für die Be- und Verarbeitung darstellt und zugleich verdichteten Raum erfahrbar macht. Den alten Ägyptern war sie Symbol der aufgehenden Sonne, der Schöpfung und der Erneuerung. Die Kugelform kommt in der Natur vor – wo es gilt, bei möglichst geringer Oberfläche wenig Angriffsfläche zu bieten. Kieselsteine werden im Fluss rund geschliffen. Formen aus der Natur liefern mir oft Anregungen. Als Symbol für Ganzes verwende ich die Kugelform, weil sie viele Möglichkeiten umfassen kann und imstande ist, Gegensätze zu vereinen. Als zyklische, sich wiederholende Bewegung verweist sie auch auf Erneuerung, auf das Unendliche.
In den Häusern und Kugeln geht es immer auch um Zeit, um Anfang und Ende. Wie fange ich an, um zur „richtigen“ Größe zu kommen, dass nichts von dem Material übrig bleibt, das zur Verfügung steht. Es geht aber auch um das rechte Maß, um die stimmige Proportion von Volumen und Form. So ist beispielsweise in einem Haus der ganze Christbaum von Weihnachten verarbeitet.
Haus und Kugel stellen die Herausforderung dar, ideale, „ewige“ Form und vergängliches „armes“ Material im Sinn der „arte povera“- in Beziehung zu setzen. Wichtig ist mir auch die Art des Materials. Stufen der Vergänglichkeit, vom Blatt zum Baum, unterschiedliche Härtegrade, von der Erde zum Stein, werden dabei anschaulich. Immer verwende ich Dinge, zu denen ich einen Bezug habe. Jedes Objekt (ver-)birgt eine persönliche Geschichte.
Zu einigen Haus- und Kugel-Motiven sind auch Linolschnitte im verlorenen Schnitt entstanden.